Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Aus der Fülle dieser Artikel möchten wir Ihnen - mit freundlicher Genehmigung des Verlages bzw. der jweiligen Autoren - in diesem Rahmen einige besonders interessante Beispiele zusammenstellen. Zur besseren Orientierung haben wir versucht, die jeweiligen Artikel thematisch zu ordnen.

Artikel von Heribert Heep

Entwicklung der Vereine in Frickhofen

Zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation in Frickhofen

Geschichte einzelner Familien und Personen

Zur Geschichte der Juden in Frickhofen

Weitere Themen

Der Krankenunterstützungsverein von 1872

und das Vereinswesen von Frickhofen

Heute gibt es in Frickhofen ca. 30 eingetragene Vereine und darüber hinaus noch zahlreiche Clubs und Vereinigungen mit unterschiedlicher Verbindlichkeit. Das Vereinswesen ist ein tragendes Element der gesellschaftlichen Selbstorganisierung der Bürger und als solche eine Dimension unserer freiheitlichen Grundordnung. Das war nicht immer so. Bis vor 200 Jahren waren die Menschen nur "Untertanen" der absolutistisch herrschenden Fürsten und hatten allenfalls das Recht, sich als "Bittsteller ergebendst" an den Herrscher zu wenden. Es gab keine Gewerbefreiheit sowie Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit - ja, Vereinigungen wurden als gefährliche "Zusammenrottungen" vielfach bestraft.

Nach den napoleonischen Befreiungskriegen 1813 bis 1815 forderten Bürger und Studenten die Grundfreiheiten, die 1841 im Deutschlandlied zusammengefasst artikuliert waren: "Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland". Die ersten bürgerlichen Vereinigungen im frühen 19. Jahrhundert waren neben den bald verbotenen Studenten-Burschenschaften, Turnvereine, die auf Initiative Turnvater Jahns in Preußen entstanden. Auch die ersten Sängervereine schlossen sich in den Städten zusammen, als selbstbewusste Vereinigungen der Bürger von den Fürsten nicht gern gesehen. Mit der Revolution von 1848 kamen die ersten Vereine auch im Hadamarer Land auf - "Vereine für die Freiheit der Kirche", auch Piusvereine genannt, in Hadamar, Elz, Obertiefenbach und anderen Orten -, aber nur von kurzer Dauer. Erst die deutsche Einigung durch die Reichsgründung von 1871 brachte eine Welle von Vereinsgründungen in die Dörfer des Westerwaldes.

In Frickhofen wurde am 15. Februar 1872 der erste förmliche Verein gegründet, der "Kranken-Unterstützungs-Verein". Im "gehorsamsten Gesuch des Vorstands für den projectirten Verein" an das Königliche Amt Hadamar, mit der Genehmigung der vorgelegten Statuten die "Erlaubnis zur Constituierung des Vereins zu gewahren", heißt es: "Schon früher stand eine Anzahl hiesiger Bürger im Begriff eine derartige Kasse zu gründen. Da jedoch im letzten Winter das Nervenfieber epidemisch auftrat und viele Personen längere Zeit arbeitsunfähig und verdienstlos machte, so trat die Notwendigkeit ein, den heimgesuchten Bürgern durch Gründung dieses wohlthätigen Vereins beizuspringen und auf solche Art von Mangel und Not einigermaßen zu schützen."

Stempelabdruck des Krankenvereins

Man muss bedenken, dass es zu jener Zeit keine gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung gab. Bismarcks Initiativen zur staatlichen Sozialversicherung begannen erst 10 Jahre später. Der Krankenunterstutzungsverem war also ein Solidantätsverein der bürgerlichen Selbsthilfe, um "einem Kranken, oder durch einen sonstigen Unfall arbeitsunfähig gewordenen hiesigen Bürger oder Bürgerssohn eine mäßige Unterstützung auf kürzere oder längere Zeit verabfolgen zu können", wie es in der Einleitung zum Statutenheft heißt.

Die Mitglieder - It. Protokollbuch im Gründungsjahr schon über 50 Männer aus Frickhofen - zahlten einen Monatsbeitrag von 40 Pfennig ein. Freiwillig konnte auch mehr gezahlt werden - sogenannte "Kapitalien" -, die vom Krankenverein zinsbringend bei der Nassauischen Sparkasse angelegt wurden. Mit diesen Geldern, also aus Beiträgen und Kapitalien, war es dem Verein möglich, sofort ab der Gründung den Mitgliedern im Krankheitsfall pro Woche eine Unterstützung von 4 Mark auszuzahlen. Das war bei den Pfennig-Stundenlöhnen der damaligen Zeit eine wirkliche Hilfe.1876 hatte der Verein schon 84 Mitglieder, davon 18 Personen mit Kapitalien-Anlagen. Als Ver- einsvermögen war It. Protokollbuch 1.336,54 Reichsmark ausgewiesen.

Jeweils am 3. Februar, dem Fest des hl. Blasius, hatte der Verein seine Generalversammlung. Noch heute wird an diesem Termin auf dem Blasiusberg ein Amt für die Lebenden und Verstorbenen des Krankenvereins gelesen. Initiator und 1. Vorsitzender des Vereins war der damalige Hauptlehrer Konrad Schandry, weiter im Vorstand saßen Kaufmann Jos. Müller, Anton Scherer, Johann Blum, Jacob Stahl und Peter Schandua. Vorsitzende im 20 Jahrhundert waren Jakob Heep-Kuhn, Theodor Brast, Ludwig Brast, Alois Kutscheid und ab 1991 Werner Jeuck. Dem Vorstand des ältesten Frickhöfer Vereins wird bei dem historischen Umzug am 24. Mai mit einer Ehrenstellung eine angemessene Würdigung zuteil.

Der nächste Verein in Frickhofen war eine Spar- kassenvereinigung, 1874 ins Leben gerufen. Für 1877 existiert ein Bild vom "Gesangsverein St. Josef". 1885 wird der Männergesangsverem "Eintracht" gegründet, 1892 der Kriegerverein. Das Gründungsjahr der Freiwilligen Feuerwehr ist 1895, der Verein "Reisende nassauische Handelsleute. Sitz Frickhofen" wird 1900 installiert. 1908 ist der Beginn von zwei weiteren Vereinen: der Radfahrverein "All Heil" sowie der Karnevalsverein, der sich heute "Die Kochlöffel" nennt. 1910 wurde der Turnverein "Jahn" gegründet, im gleichen Jahr rief Lehrer Alfons Heinzmann den "Verschönerungsverein" ins Leben. Ein rühriger Kaplan stellte 1912 den "katholischen Jünglingsverein" auf. 1913 schlossen sich die jungen Männer Frickhofens zum "Junggesellenverein" zusammen.

Vereinsgründungen nach dem 1. Weltkrieg: Theaterclub "Frigga" (1920). Kath. Jungmännerbund (1924), Manenverein und kath. Mütterverein ebenfalls Anfang der 20er Jahre. Sportverein Frickhofen (1925). Wanderclub "Bergeslust" im gleichen Jahr. Schutzenverein, "Verein der Musikfreunde" und "Club der fidelen Bruder" (1927). DRK-Sanitätskolonne (1928). "Obst- und Gartenbauverein" (1935).

Hubert Hecker