Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Aus der Fülle dieser Artikel möchten wir Ihnen - mit freundlicher Genehmigung des Verlages bzw. der jweiligen Autoren - in diesem Rahmen einige besonders interessante Beispiele zusammenstellen. Zur besseren Orientierung haben wir versucht, die jeweiligen Artikel thematisch zu ordnen.

Artikel von Heribert Heep

Entwicklung der Vereine in Frickhofen

Zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation in Frickhofen

Geschichte einzelner Familien und Personen

Zur Geschichte der Juden in Frickhofen

Weitere Themen

Keltisches Glas auf der Dornburg

Zunächst rufen wir uns in Erinnerung zurück: Unsere Dornburg war laut Fundaussagen schon im 6. Jahrhundert v. Chr. von den Ketten besiedelt und erlebte als Oppidum. also als befestigte Stadtanlage, im 2. / 1. Jahrhundert v. Chr. ihre Blütezeit. Um 750/700 v. Chr. traten die Kelten ins Rampenlicht Europas, die Eisenzeit begann. Den älteren Abschnitt der keltischen Eisenzeit, der bis 450 / 400 v. Chr. dauerte, bezeichnet man als Hallstatt-Zeit. Die jüngere Keltenzeit, die u. a. mit einem augenfälligen Wandel in der ornamentalen Verzierungskunst einhergeht, nennt sich Latene-Zeit.

Die Kelten, Meister der Eisenerzeugung und des Schmiedens, konnten auch Glas herstellen. Das ist durch viele Funde belegt. Besonders in Frauengräbern hat man immer wieder Glasperlen und Glasarmreifen gefunden. Glasschmuck und ein Bronzespiegel sind sichere Kennzeichen eines Fürstinnengrabes. Aus den Grabbeigaben in den Grabhügeln der Adelsschicht können wir uns ein gutes Bild der keltischen Kunstfertigkeit machen. Wie jedoch der einfache keltische Bauer und seine Frau sich schmückten, da wissen wir recht wenig. Profane Gräber, die von keinem Hügel überdeckt waren, finden sich nur zufällig: meist enthalten sie nur die Knochen und allenfalls ein paar Keramikscherben.

Glasarmringe im 'Keltenraum' des Dorfmuseums Wilsenroth

Im "Keltenraum" des Dorfmuseums Wilsenroth kann man sich in einer der Vitrinen zwei dunkelblaue Bruchstücke von keltischen Glasarmreifen ansehen. Direkt daneben liegen zwei Nachbildungen und somit bekommt man eine Vorstellung von der Eleganz eines solchen Schmuckes. Dieses Bruchstück war aber nicht der einzige Glasfund von der Dornburg. Ich zitiere Frau Dr. Oda Kriese (Wilsenroth und die Dornburg. S. 41 / 42): .Von zwei hallstattzeitlichen Glasperlen mit wellenförmiger Fadeneinlage (Grabung Schoppa 1960). die im Landesmuseum z. Zt. nicht auffindbar sind, liegen Zeichnungen vor. auf denen leider die Farben nicht vermerkt sind. "Es existieren aber ....Bruchstücke von zwei schlichten Armringen aus blauem bzw. violettem Glas sowie von einem profilierten Armring aus blauem Glas mit Glasfadenauflage." Die genannten Gegenstände sind im Buch als Zeichnungen abgebildet.

Glasfunde im großen Oppidum von Manching bei Ingolstadt, dessen Umwallung einen Umfang von 7 km (!) hat. bestätigen eine fortgeschrittene Beherrschung der Glastechnik. Ein großer Brocken purpurfarbenen Rohglases sowie ca. 600 8ruchstucke von Glasarmreifen und ca. 300 Glasperlen lassen auf keltische Glasmanufakturen und auf Glashandel im großen Stil schließen (Noelle S. 263. Lorenz S. 74. Riederer S. 174).

Wie soll man sich nun die Erfindung des Glases im Altertum vorstellen? Bestandteile für die Glasherstellung sind Siliziumoxid (Rohstoff Sand), Soda (Natriumcarbonat in den Salzseen Nord- afrikas und des vorderen Orients), Pottasche (Kaliumcarbonat, vorhanden in Pflanzenasche) und Kalk (mineralisches Calciumcarbonat u. Calciumsulfat). Eine romantische Vorstellung ist jene, bei dem einem Vorzeitmenschen nach dem Herunterbrennen eines Lagerfeuers am Meeresstrand (Sand. Pflanzenasche vom Holz, Kalk von Knochen) plötzlich glasartige Kügelchen aufgefallen wären. Eher jedoch ist es denkbar, dass glasähnliche Relikte bei Metallschmelzverfahren (Bronzeguß. Eisenverhüttung) in der Schlacke aufgefunden wurden, denn nur hier werden die notwendigen hohen Temperaturen erreicht. Deswegen auch waren wohl glasartige Materialien zunächst nur in Mesopotamien und in Ägypten bekannt, denn im Orient begann die Bronzezeit und die Eisenzeit viel früher.

Die ersten Glaserzeugnisse waren mehr oder weniger plump, allenfalls durchscheinend, niemals aber durchsichtig. Hohlformen wie Gefäße kamen erst zur Zeitenwende auf, als besonders die Römer die Glasblastechnik zur wahren Meisterschaft entwickelten. Aber bleiben wir beim keltischen Glas. Die archäologische Auswertung der Glasfunde ergab, dass blassgrüne, hellblaue und grünlich blaue Glaser hier zu Lande um 260 bis 215 v. Chr. hergestellt wurden, dunkelblaue, gelbliche und farblose von 215 bis 175 v. Chr. und braune . rötliche und purpurne nach 125 v. Chr. Somit weist das im Wilsenrother Museum befindliche Ausstellungsstück tatsächlich auf die Oppidums-Zeit im 2. / 1. Jhd. zurück. Einfärbungen wurden durch Metalloxidzusätze erreicht: Hellblau durch Kupfer-II-oxid, dunkelblau durch Kupfer-II-oxid mit Kobaltoxid, rot durch Kupfer-I-oxid, gelb durch Eisen-III-oxid. hellgrün durch Eisen-III-oxid mit Kupfer-II-oxid, purpur durch Manganoxid, grau und dunkler bis schwarz durch Bleioxid und Stibiumoxid (Antimon). Die Ausprägung der Färbung hängt jeweils vom Mischungsverhältnis, von der Brenntemperatur und von der Bauart des Ofens ab, wie er belüftet wurde, wie die Luft im Inneren zirkulierte. Allen Gläsern ist gemeinsam, dass sie ca. 70 % Silici- umoxid aus Sand enthalten. (Riederer S. 168 ff) Wie kamen die Ketten an die Farberezepte und wie an die dafür notwendigen Rohstoffe?

Die eben genannten Chemikalien kommen mineralisch vor. Es ist anzunehmen, dass damit Handel getrieben wurde. Zunächst hat man die Substanzen wohl importiert und schließlich ist man selber fündig geworden.

Bei der Untersuchung der keltischen Glasarmreifen stellte sich auch heraus, dass sie nicht in Formen gegossen wurden. An Formen aus Ton oder Stein zu denken, liegt ja eigentlich nahe, da man so ja auch bronzene Gegenstände (Waffen. Werkzeug. Fibeln. Schmuck) hergestellt hat. Wie also soa man sich die Fertigung vorstellen?

Einem Glasofen wird mit einer Art Spieß aus Metall oder feuergehärtetem Holz eine elastische, teigige Portion Glasschmelze entnommen und durchstochen. Durch kreisförmiges Schwingen des Stabes entsteht ein Glasring, dessen Durchmesser sich durch die beim Schwingen entstehenden Zentrifugalkräfte vergrößert. Mit einem dünneren Zweitstöckchen kann man regulierend eingreifen. Nach einiger Zeit ist die Glasschmelze soweit herunter gekühlt, dass sie erstarrt. So jedenfalls ist die nahtlose Glasringherstellung auf Markten in Jordanien bis noch in unserer Zeit beobachtet worden. Muster, also eine Profilierung auf die Außenseite bekam man dadurch, dass man die noch nicht erstarrten oder wieder erhitzten Glasreifen über eine Schablone aus nassem Holz oder Keramik abrollte. Aus der Glasschmelze gezogene Fäden konnte man wellenförmig oder in anderer Art auf den Reif aufsetzen. Was möglich war, hing von der Erfahrung und Kunstfertigkeit des "Glasers" ab.

Wie aber entstanden die Glasperlen? Sind sie rund, obenauf gewölbt und unten abgeplattet, so besteht eigentlich kein Zweifel daran, dass man die Glasschmelze tropfenartig auf einen Untergrund mit kreisförmigen Vertiefungen aufgebracht hat. Handelt es sich aber um wirkliche Kügelchen oder Tropfen, so hilft keine Gießform; man würde Nähte, die Angußstelle oder andere Unregelmäßigkeiten feststellen. Nur im freien Fall, also in der Schwerelosigkeit, nimmt eine Flüssigkeit die ideale Kugelgestalt ein. Hat man also die Glasschmelze aus luftiger Höhe herab in kleinen Portionen, so klein, dass sie während des Fallweges genügend abkühlten. um zu erstarren, hinabregnen lassen, um dann aus dem Moos die glitzernden Elfentränen wie es in einem irischen Märchen heißt. einzusammeln?

Joachim Habel

Literatur:
Ausstellungskatalog Die Kelten in Mitteleuropa. Hallein. Salzburg 1980
Wilsenroth und die Dornburg. Chronik eines Westerwalddorfes. Verkehrs- und Verschönerungsverein Wilsenroth 2003
Biel, Jörg (Hrsg.): Experiment Hochdorf. Keltische Handwerkskunst wiederbelebt, Hochdorf und Stuttgart 1996
Lorenz, Herbert: Rundgang durch eine keltische Stadt. Pfaffenhofen / Ilm 1986
Noelle, Hermann: Die Kelten und ihre Stadt Manching. Pfaffenhofen / Ilm1974
Rieckhoff, Sabine u. Biel, Jörg: Die Kelten m Deutschland. Stuttgart 2001
Riederer, Josef: Archäologie und Chemie. Rath- gen-Forschungslabor SMPK Berlin 1987

Öffnungszeit des Dorfmuseums Wilsenroth:
Das Museum ist jeden ersten Sonntag im Monat von 14.00 - 16.00 Uhr geöffnet.
Es können aber auch Führungen zu anderen Terminen ausgemacht werden (Tel. 06436 / 7362. Hans-Georg Heftrig).