Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Aus der Fülle dieser Artikel möchten wir Ihnen - mit freundlicher Genehmigung des Verlages bzw. der jweiligen Autoren - in diesem Rahmen einige besonders interessante Beispiele zusammenstellen. Zur besseren Orientierung haben wir versucht, die jeweiligen Artikel thematisch zu ordnen.

Artikel von Heribert Heep

Entwicklung der Vereine in Frickhofen

Zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation in Frickhofen

Geschichte einzelner Familien und Personen

Zur Geschichte der Juden in Frickhofen

Weitere Themen

Geschichte des Helfens

Vereine helfen Ortsarmen - vor 70 Jahren

Die 20-iger Jahre unseres Jahrhunderts waren vielleicht für die Kultur und die Reichen die goldenen Zwanziger, für viele Menschen waren sie eine Zeit der Not, besonders in den Westerwalddörfern. Das Jahrzehnt begann mit politischen Unruhen, Putschversuchen von links und rechts, die deutsche Wirtschaft mußte riesige Reparationszahlungen verkraften und der völlige Wertverlust des Geldes erschütterte das soziale Gefüge und das politische Vertrauen der Bürger bis in die Fundamente. Von 1924 bis 1928 gab es ein zaghaftes Wirtschaftswachstum, das aber 1929 in eine Wirtschaftskrise mit schließlich über 6 Mill. Arbeitslosen 1932 absackte.

In dieser Zeit der Not wirkten in Frickhofen zwei Vereine, die Not-Wendiges taten, indem sie Ortsarme und Hilfsbedürftige unterstützten. Im Jahre 1924 traten 14 junge Männer aus dem Kath. Jünglingsverein aus und gründeten den Kath. Jungmänner-Bund. Einer ihrer Programmpunkte war es, "praktische Nächstenliebe zu üben, indem wir den Ortsarmen und Hilfsbedürftigen, soweit es in unseren Kräften steht, behilflich sein wollen". (1) Schon etwa vier Wochen nach der Gründung veranstaltete man einen Theaterabend und legte fest, an die Ortsarmen von hier eine Einladung zugehen zu lassen und den Reinertrag an die Hilfsbedürftigen abzuführen. Bei dem 2. Theaterstück in der Adventszeit 1924 beschloß die Mitgliederversammlung, die Preise der Plätze im kommenden Theater wegen der großen Geldknappheit möglichst tief, und zwar auf 30 und 50 Pfg. festzusetzen. Quittung über den Eingang einer SpendeIn den folgenden Jahren wurde jeweils ein Theaterstück im Gasthaus Schlitt eingeübt und zwei oder dreimal aufgeführt. Neben der Verteilung der Überschüsse an die Ortsarmen wurde auch gelegentlich im Verein eine Sonder-Sammlung für Bedürftige veranstaltet, deren Namen mit Spendenbetrag in den Protokollen vermerkt sind. Zu der Weihnachtsfeier 1924 sollten ganz arme Leute eingeladen werden "und ihnen dann, wenn es uns möglich ist, noch gut erhaltene Kleidungsstücke auszuhändigen"... 1925 wurde außerdem in einer Extra-Kasse für ein Heidenkind gespart. Als 21 Mark zusammen waren, beschloß man, dem "Negerknaben... den Namen desjenigen zu geben, der die Sache angeregt hatte und somit soll der Knabe Viktor heißen". (V. Stähler, der spätere Bürgermeister, war der Initiator.)

Zu der Verteilung der Überschußgelder soll hier exemplarisch aus der Mitgliederversammlung vom 11. Dez. 1924 der Antrag zitiert werden, der mit großer Mehrheit angenommen wurde: "Wie uns vielleicht bekannt sein darf, wird der kath. Mütter-Verein von hier kurz vor Weihnachten eine große Be¬scherung veranstalten, die in erster Linie dahin ausgeht, den armen, hilfs¬bedürftigen Kindern Kleider & Wollsachen zu kaufen, und ich halte es des¬halb angebracht, dem Mütter-Verein unser ganzes Geld zur Verfügung zu stellen, (ca. 88 Mark) Wir haben dann eine schwierige Aufgabe von uns genommen & dann wissen Mütter immer besser, wo es not tut & es am besten angebracht ist." So wurde es dann auch in den nächsten Jahren gehalten.

Fahne des Müttervereins

Dieses Zitat zeigt zugleich einen wichtigen Programmpunkt und die Kompetenz des 2. Vereins, dessen not-wendige Tätigkeit hier angesprochen werden soll: des Vereins christlicher Mütter in Frickhofen. Der Mütterverein, so die Kurzform, wurde 1922 gegründet, ist also in diesem Jahr 75 Jahre alt. Etwa Mitte der 20-er Jahre wurde Josefa Schilling die Vorsitzende, von der Enkelgeneration Oma Seef genannt, und blieb es bis 1950. In der armen Zeit um 1930, Arbeitslosigkeit en masse, hat der Mütterverein praktisch die Caritasarbeit der Gemeinde übernommen und durchgeführt. Die bestand u.a. darin, wie oben gesagt, an bedürftige Kinder Kleider zu verteilen. Für Kommunionkinder wurden Kleider gekauft oder umverteilt an Kinder in armen Verhältnissen. Es wurden auch direkt kleinere Geldbeträge an mittellose Familien verteilt, wie eine Quittung an den KJB belegt. Regelmäßige Unterstützung wurde den Wöchnerinnen zuteil. Diese Frauen und ihre Familien bekamen 10 bis 14 Tage lang von den Mitgliedern des Müttervereins abwechselnd das Mittagessen gebracht. Suppe, Fleisch und Gemüse wurde im Eßgeschirr meist von den Kindern in das Haus der Wöchnerin gebracht. Diese Hilfe wurde von der Vorsitzenden organisiert, indem sie die etwas wohlhabenderen Frauen und Mütter für die Mitkochtage einteilte. Oft hatte die Hebamme schon dazu informiert: hier muß geholfen werden, da fehlt Wäsche usw. Und dann schrieb die Josefa Schilling auf einen Zettel z.B.: "Liebes Lieschen, koch noch einmal für die Drillingsmutter!" Bei Bedarf wurde auch weiteres hingeschickt, ein Päckchen Kaffee, wollene Wintersachen, usw. Es wurden auch Bettelbriefe an Vermögende und Firmen geschrieben, um Geld- und Sachspenden zu bekommen.

Hubert Hecker