(Zeitangaben beziehen sich auf die Zeit v. Chr.)
Urnenfelderkultur
bronzezeitliche Kultur in Mitteleuropa, wahrscheinlich verschiedener Ethnien (darunter auch später als Kelten identifizierte Gruppen), mit deutlichen regionalen Unterschieden, Bestattungen in Urnenfeldern als gemeinsames Merkmal
Hallstattzeit
frühe Eisenzeit (benannt nach dem Fundort Hallstatt im Salzkammergut); aus dieser Zeit stammen Quellen, die im Bereich nördlich der Alpen von keltischen Stämmen sprechen
Latènezeit
Eisenzeit (benannt nach dem Fundort La Tène in der Schweiz); diese Epoche gilt allgemein als Hochphase der Kelten; in dieser Zeit erreichen sie ihre größte Ausbreitung (von Kleinasien bis zu den britischen Inseln und auf die iberische Halbinsel); während dieser Epoche treten die Kelten historisch in Erscheinung (Invasion auf der italischen Halbinsel und militärische Erfolge gegen Rom); wirtschaftlich bestimmend sind Münzprägungen und ausgedehnter Fernhandel.
Im Mai 2011 zeigte die "Hessenschau" einen Bericht über aktuelle Ergebnisse archäologischer Forschungen zur Eisenzeit - der Zeit der Kelten - in Hessen. Für die zweite Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrtausends wurden dabei sechs bedeutende Großsiedlungen aufgeführt. Einer dieser zentralen Siedlungsorte war die Dornburg. Sie war damals mit einer Fläche von 37 ha offensichtlich eine der wichtigsten "Städte" in Hessen bzw. im Westerwald. Berücksichtigt man noch die keltischen Funde auf dem "Heidenhäuschen", so kam unserem heimischen Raum ganz offensichtlich in der La-Tene-Zeit eine zentrale Bedeutung zu. Dies kann vielleicht auch die folgende Übersichtskarte keltischer Oppida von der Kölner Bucht im Nordwesten bis zum Odenwald im Südosten verdeutlichen.
Seit Jahrhunderten wird die Sage von der Dornburg erzählt: Einer einst reichen Stadt an einer wichtigen Handelsverbindung und deren Untergang. Und immer wieder tauchten beim Pflügen auf dem Dornburg-Plateau vereinzelt Münzen oder andere Artefakte auf. Grabungen und Untersuchungen auf der Dornburg reichen denn auch bis ins 18. Jahrhundert zurück, waren aber nur sporadisch und lange Zeit ohne rechtes greifbares Ergebnis:
Die Karte zeigt die Dornburg vor Beginn des Basaltabbaus. Teile der Wallanlagen (bes. im Westen und Süden) sind durch Schraffuren hervorgehoben. (Höhenangaben in Preuss. Duodec. Fuss: 1Ddc.F = 0,31385m)
Die archäologische Untersuchung des Oppidums auf der Dornburg erweist sich nicht nur aufgrund der lediglich sporadischen Grabungen schwierig. In den letzten Jahrzehnten fielen unschätzbare Quellen dem Basaltabbau zu Opfer. Von den ehemals vorhandenen 3,2 km Wallzügen wurden allein durch die Steinbrüche 2 km zerstört worden und nur noch 1200 m erhalten, was mit 37% gerade einem guten Drittel entspricht. Daneben muss aber auch - aus Unkenntnis oder auch aus Angst um den Arbeitsplatz - von Fundunterschlagungen in größerem Ausmaß ausgegangen werden, die eine Aufklärung zusätzlich erschweren. Dennoch ergibt sich gemäß dem "Führungsblatt" etwa folgendes Bild:
"Der große Abschnittswall im Westen ist die Hauptbefestigung der Dornburg. Er zog von Steilkante zu Steilkante mit etwa 320 m Länge in nicht ganz gerader Linie quer über das Plateau vor dem Geländesattel zum Basaltmassiv des Watzenhahns. An beiden Seiten bog er um und führte auf den Plateaurändern weiter, nach den Angaben v. Cohausens im Norden etwa 200 m, im Süden etwa 100 m lang, ließ hier jeweils Platz für Einfahrten, und setzte sich als Randwall auf den Plateaukanten fort. Erhalten ist der südliche Teil mit 200 m Länge. Dem aus Basaltsteinen mit eingelagerten Lehmschichten bestehenden Wall, im Volksmund die "Rödchesmauer", ist ein breiter Graben vorgelegt, der nur im Süden auf eine Länge von 40 m in Resten vorhanden ist. Der Wall hat 30 m Basisbreite und ist von außen bis 11 m, von innen noch bis 4 m hoch; hier sind ihm, teils als Mauer aufgebaut, Lesesteine angelagert, die einen Absatz auf der Böschung bilden.
30 m vor dem Wall(fuß) läuft eine schwächere Vorbefestigung, ein meist nur als Terrasse erhaltener, von außen noch bis 3 m hoher Wall mit weitgehend verebnetem Graben. Dieser Vorwall näherte sich nach Norden im heute zerstörten Bereich dem Abschnittswall, führt im Süden aber schräg den Hang hinunter bis zu einem Abstand von 70 m von der Plateaukante, und läuft nach 150 m in einem Geröllfeld aus.
Nachdem das Plateau von Norden und Osten her schon weitgehend abgebaut ist, ist vom Randwall im Norden nur noch ein Abschnitt von knapp 70 m Länge als Steinböschung am Hang vorhanden. Im Süden hat ein alter Steinbruch ihn auf einer Länge von 120 m zerstört, doch von dort bis zur Südostecke mit dem Hildegardisfelsen ist sein Zug fast 500 m lang bis kurz hinter die Biegung zur völlig fehlenden Ostseite relativ ungestört erhalten. Ein Stück originalen Verfalls sind allerdings nur die letzten 130 m. Hier ist er an der Ecke auch bis zu 0,50 m von der Innenseite erhoben, sonst aber meist ohne oder nur mit ganz flacher Innenböschung. Seine kräftige bis steile Außenböschung geht in natürlichen Geröllschutt über, so daß seine Breite mit 6-8 m sich eher schätzen läßt. In den übrigen Bereichen ist er durch angrenzenden Ackerbau (Verebnungen am inneren Wallfuß, Lesesteine auf seiner Kuppe und der Außenböschung) verändert.
Die Tore der Befestigung lagen nach v. Cohausen an der Nord- und Südseite hinter dem Abschnittswall (der heutige Fahrweg auf das Plateau ist nicht antik). Die Situation im Norden ist durch Steinbruch zerstört und nicht mehr zu beurteilen. Auf der Südseite führt in 90 m Entfernung vom Abschnittswall ein Aufweg auf das Plateau, der offensichtlich durch natürliche Gegebenheiten begünstigt ist: die von Westen heranführende Kante zieht etwas ein, und ein Geröllfeld springt über die Randlinie nach Süden vor, auf dessen Kante wohl auch der hier zerstörte Wall verlief. Trotz moderner Veränderungen läßt sich hier ein Tor mit versetzten Wallenden, ein Tangentialtor, annehmen. Im Vorwall entspricht diesem Tor eine auffällige Lücke etwa 25 m vor seinem Ende im Geröllfeld, wonach hier der Weg zu suchen ist.
Die Wasserversorgung auf dem Berg sollte durch an oder dicht unter der Oberfläche liegende Wasservorkommen (auch von einer Quelle ist die Rede) gesichert gewesen sein, wofür auch die Flurnamen ?Beim kleinen Weiher" oder ?In der Weiherheck" sprechen. An drei Stellen werden Wasserstellen genannt, dabei der ?Heidenpütz", heute Hildegardisbrunnen. Nach Behlen soll jedoch zusätzlich eine der Quellen am Berghang, der Diehlborn an der Ostflanke des Berges, durch einen im Winkel geführten Annexwall in die Befestigung eingebunden gewesen sein. So sehr dies im Bereich des Möglichen liegt, sind keine weiteren Belege dafür vorhanden, und es gibt zu denken, daß Behlen selbst auf seiner Planskizze den Verlauf des Annexes in damals schon vorhandenen Steinbrüchen nur gestrichelt angegeben hat.
An Baulichkeiten auf dem Plateau sind nur die Reste einer urkundlich nicht faßbaren, "wohl sehr frühen" (Gensicke) Kapelle über dem Hildegardisbrunnen, der in ihrer Nordwestecke liegt, bekannt geworden. Sie wurde schon von Kolb 1827 und erneut - durch Steinbruch bedroht - durch die Denkmalpflege 1963 freigelegt. Der einfache Bau mit rechteckigem (oder quadratischem?) Chor ist 8,60 - 8,70 m lang und 6,35 m breit, der Chor 4,95 m breit bei unbekannter Tiefe; Mauerstärke 0,80 m. Nach dem Grundriß wurde sie zuletzt in das 12. oder 13. Jahrhundert datiert, doch darf man davon ausgehen, daß sie entsprechend der Überlieferung älter ist. - Die Steinreihen und -häufen auf der Hochfläche haben mit der Befestigung nichts zu tun, sondern sind zusammengetragene Lesesteine von den zwischenliegenden Äckern.
Depotfund auf der Dornburg aus dem Jahre 1926
Grabungen und Untersuchungen auf der Dornburg reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück, waren aber nur sporadisch und ohne rechtes greifbare Ergebnis. 1760 grub ein Pfarrer in Mauern, Gewölben und Kellerlöchern und fand angeblich viele (römische) Münzen, die er nach Dillenburg ablieferte. 1827 untersuchte Kolb u.a. die Stelle der Kapelle, ohne allerdings zu wissen, wo er sich befand. Um 1870 scheint Troost zumindest Schürfungen unternommen zu haben, bei denen eine Anzahl von Funden zutage kam. 1928 legte Kutsch einen Schnitt in den Abschnittswall und durch den Vorwall; das Grabungstagebuch ist zwar erhalten, aber unvollständig, der Vorwall soll einperiodig gewesen sein, im Abschnittswall zwei Bauschichten stecken. 1960 führte Schoppa Schnitte durch den schon teilzerstörten Abschnittswall und den nördlichen Randwall; in beiden wurden zwei Bauperioden festgestellt, doch konnte die Art des Mauerbaues und die genaue Zeitstellung nicht geklärt werden - der angebliche murus Gallicus war nicht vorhanden.
Für die Zeitstellung der Befestigung liegt ein nicht sehr umfangreiches, aber doch aussagekräftiges Fundmaterial vor. Es hat seine Schwerpunkte in der SpäthalIstattzeit (6. Jahrhundert v. Chr.) und in der Mittel- bis Spätlatenezeit (2./1. Jahrhundert v. Chr.). Sicher urnenfelderzeitliche Funde, die von Dehn genannt werden, scheinen sich nicht unter dem Material zu befinden, ebenso können eindeutig frühlatenezeitliche Funde kaum ausgesondert werden. Aus der Hallstattzeit stammen jedoch auch Grabfunde vom südlichen Osthang des Berges, und man darf die erste Anlage der Befestigung in diese Zeit setzen. Mit eindeutigen Stücken (Regenbogenschüsselchen, Nauheimer Fibeln, Glasarmringen) neben Keramik ist die Spätlatenezeit vertreten, aus der auch ein Eisendepotfund aus der Nähe der Gräber am Osthang kommt, der 1926 gefunden wurde. Die Dornburg ist damit zu den spätkeltischen Oppida zu zählen, eine frühe stadtartige Anlage, Hauptort eines Stammes oder Teilstammes und Zentrum für ein größeres Siedlungsgebiet.
Noch unbekannt ist die Bedeutung der Dornburg im frühen Mittelalter. Spätrömische Münzen des 4. Jahrhunderts, die dort gefunden sein sollen, sprechen für eine Besetzung in dieser Zeit. Es ist davon auszugehen, daß der Berg mit seiner Kapelle auch in fränkischer Zeit, um 700 n. Chr., eine Mittelpunktsfunktion hatte - Reihengräberfunde an seinem Fuß - und, ähnlich wie andere Großburgen, seine Rolle bei der fränkischen Reichsorganisation spielte."
Cäsar ist der erste antike Autor, der zwischen Kelten und Germanen unterscheidet. Laut seinen Angaben lagen die Siedlungsgebiete der Kelten - Gallier - auf der linken, die der Germanen auf der rechten Rheinseite. Für die tatsächliche Zugehörigkeit der einzelnen Stämme zu bestimmten kulturellen, sozialen oder ethnischen Gruppen ist damit aber noch nicht allzuviel ausgesagt.
Dies gilt umsomehr, als bereits für den Einflussbereich der Kelten seit der Hallstattzeit eine starke Expansion festgestellt werden kann (vgl. hierzu die beigefügte Karte über die Entwicklung des keltischen Siedlungsraumes aus Wikipedia).Dabei gehörte die Dornburg in der Latenezeit offensichtlich zum Kernbereich keltischer Siedlungen, was auch durch die oben angeführten Grabungsergebnisse unterstützt wird. Ob eine - wahrscheinlich vorhandene - Vorbevölkerung im Zuge der keltischen Expansion verdrängt oder assimiliert wurde, lässt sich nicht sagen. Das gleiche gilt für das Vordringen germanischer Stämme im letzten Jahrhundert vor Christus.
Zur Zeit Cäsars werden östlich des Mittelrheins vor allem vier Stämme lokalisiert: die Sigambrer, die Ubier, die Chatten und die Sueben. Dabei scheinen aber (auch nach Angaben Cäsars) enge Kontakte - insbesondere der Ubier - zu den linksrheinischen Treverern bestanden zu haben. Einige Jahrzehnte später wandern die Ubier (oder ein Teil von ihnen) mit römischer Billigung in die Umgebung von Köln und Bonn ein.
G. J. Cäsar
Kommentare zum Gallischen Krieg
IV, 3,3-4:
Auf der anderen Seite schließen die Ubier an, deren Stamm einst groß und blühend gewesen, ...; sie sind etwas menschlicher als die (anderen) derselben Herkunft und die übrigen, weil sie unmittelbar an den Rhein anstoßen und oftmals Händler zu ihnen kommen. Auch wurden sie selbst wegen der Nachbarschaft an gallische Sitten gewöhnt...
IV, 16,5.8
Die Ubier jedoch, die als einzige der Rechtsheinischen Gesandte zu Cäsar geschickt, einen Freundschaftsvertrag geschlossen (und) Geiseln gestellt hatten, baten nachdrücklich, dass er ihnen Hilfe leiste, weil sie von den Sueben hart bedrängt würden.
Sie boten Schiffe in großer Menge zum Transport des Heeres an.
IV, 19,1-2.4
Cäsar, nachdem er sich nur wenige Tage in ihrem Gebiet damit aufgehalten, alle Dörfer und Gebäude anzuzünden und das Getreide zu mähen, zog er sich in das Gebiet der Ubier zurück ... Mit den insgesamt 18 jenseits des Rheins verbrachten Tagen glaubte er genug sowohl zum Ruhm als auch zum Nutzen bewirkt zu haben, zog sich nach Gallien zurück und riss die Brücke wieder ab.
(zitiert nach: → P. P. Schweitzer, Die Ubier)
Historisch - im Sinne datierbarer Quellenangaben - tritt unser heimischer Raum erstmals im Zusammenhang mit Cäsars Gallienfeldzug in Erscheinung. Zweimal überschreiten die Römer dabei den Rhein und führen militärische Operationen im rechtsrheinischen Raum - im Westerwald - durch. Auf → Wikipedia finden sich dazu folgende Angaben:
"Im Gallischen Krieg eroberte Caesar in den Jahren 58 bis 51 v. Chr. Gallien, das weitgehend dem Gebiet des heutigen Frankreich entsprach. Im Jahr 55 v. Chr. war der Feldzug eigentlich schon abgeschlossen, aber Caesar entschloss sich, auch den rechtsrheinischen Germanenstämmen eindrucksvoll die römische Macht zu demonstrieren. Die römische Vorherrschaft sollte keinesfalls am Rhein enden.
Caesars Truppen erreichten in der Militärexpedition gegen die Germanen den Rhein und sahen eine Überquerung mittels Schiffen als zu gefährlich an. Außerdem befanden sie eine solche Art der Überquerung nicht der Würde des römischen Volkes entsprechend. Die Truppen begannen nun im Frühsommer des Jahres 55 v. Chr. in nur zehn Tagen eine Rheinbrücke zu bauen.
Die Holzbrücke war 400 m lang und überquerte den an dieser Stelle sechs Meter tiefen Strom zwischen den heutigen Städten Andernach und Koblenz. Vermutungen, die Brücke habe sich 11 km südlich von Bonn befunden, konnten nie bestätigt werden. Vielmehr wurden 1885 im Rhein bei Neuwied mit einem Bagger Eichenpfähle aus dem Fluss geborgen, deren Alter auf Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. bestimmt werden konnte."
Cäsar tut dies nach seinen Angaben, um die Ubier im Kampf gegen die Sueben zu unterstützen. Die Ubier siedelten demnach zu dieser Zeit im Bereich des Westerwaldes. Das größte Oppidum in diesem Raum war zu der Zeit die Dornburg - vom Rhein etwa zwei Tagesmärsche entfernt. Gemäß Karl Strobel in seinem Aufsatz "→ Die Römer am Main - Die Mainlinie als Teil der augusteischen Eroberungspolitik in Germanien" war zu dieser Zeit die Dornburg der Zentralort - die Hauptstadt - der Ubier (vgl. Fußnote 5).
Berücksichtigt man die zeitlichen Angaben aus de bello gallico, so erscheint es gut möglich zu sein, dass römischen Truppen bis zum Fuß der Dornburg marschierten und von hier aus - gemeinsam mit ubischen Hilfstruppen - ihre Militäroperationen durchführten.